NEU! 25. Dharma-Reflexionen vom 25.5.2025 des Buchstudiums “ The World Could Be Otherwise” von Norman Fischer roshi , Seiten 92-94
Thema: Was ist Ärger?
(Mit „NEU“ ist hier gemeint, dass wir auf Videoaufnahmen der Vorträge verzichten und stattdessen schriftliche Zusammenfassungen machen. Wir versprechen uns davon eine Straffung des Stoffes, der so vielleiht leichter rezipiert werden kann.)
Wenn wir ärgerlich sind, sind wir es eben. Daran ist nichts zu ändern und nichts zu beanstanden.
⁃ Je mehr wir ihn studieren, desto interessanter wird es. Er führt uns ins Herz des Menschseins.
⁃ Uns mit ihm zu beschäftigen, gehört genau zum Thema ‘Geduld’
⁃ Ärger ist eine kraftvolle Emotion, dessen Aufwallen süchtig machen kann. Du kannst Dich mächtig und effektiv fühlen. Dein Ärger wird Menschen einschüchtern und sie unterwürfig machen.
⁃ Doch am Ende wird er Dich, Deine Gesundheit und Deine Beziehungen ruinieren, weil er giftig ist.
⁃ Hinter Ärger können Kummer oder Trauer versteckt sein.
⁃ Es kann sein, dass mein Ärger vor 5 Min. sich eigentlich an Jemanden richtete, den ich seit Jahrzehnten nicht gesehen habe. Oder ich wusste gar nicht, wie genervt und fertig ich war, und diese Mischung hat sich als Ärger geäußert.
⁃ Ebenso kann es sein, dass jemand mich auf meinen Ärger anspricht, den ich überhaupt nicht als solchen wahrnehme. Oder wahrnehmen will, weil ich ihn verdeckt habe mit ideologischer Friedfertigkeit, die ich dem Buddhismus zuschreibe. Und plötzlich bricht er aus mir heraus, wie ein Buschfeuer, das durch starken Wind gerade entzündet wurde.
⁃ Am Ende hat jede Form von Ärger mit der unfassbaren Ungerechtigkeit zu tun, dass wir krank werden und sterben könnten, jetzt gleich oder irgendwann. Ob alle Empfindungen von Ärger am Ende auf diese himmelschreiende Tatsache zurückgehen?
⁃ Daraus können wir schlussfolgern, dass Ärger mit Empfindungen von Bedrohung und Angst einhergehen. Dies fūhlt sich aber so unangenehm an, dass Ärger aufwallt, damit ich mich stark und mächtig fühlen kann.
⁃ Ärger ist nichts, was ich beabsichtige, wofür ich mich entscheide. Er ergreift mich, oft sehr plötzlich, weshalb Verbrechen aus Leidenschaft strafmildernd sind.
⁃ Ärger hat somit seinen legitimen Platz. Eine ganze Verkettung von Ursachen hat zu diesem Moment des Ausbruchs von Ärger geführt, der demnach unausweichlich war.
⁃ Wenn ich trotz etwaiger Unannehmlichkeiten mit dem kostbaren Moment des Ärgers bleiben kann, mich konfrontiere und ihn verstehe, werde ich davon profitieren. Vor allem werde ich andere besser verstehen und lieben können
„Mit Ärger vertraut zu werden, während wir ärgerlich sind, ist die PRAXIS VON GEDULD“.
Was uns in der Gruppe besonders fesselte:
Die meisten Deutschen, die ich kenne, haben jähzornige, gewalttätige, verbal oder physisch oder beides, gehabt. Das heißt, Ärger ist für uns in verschiedener Weise ein Problem gewesen, bei anderen, bei uns selber, besonders aber in hierarchischen. Beziehungen. Daher ist dies Kapitel, nicht nur, weil der Umgang mit Ärger für uns Buddhistinnen und Buddhisten wie für uns als Menschen, wichtig ist und weil, wie Norman sagt, dieser vertrauliche Umgang uns soviel über Geduld lehrt, wesentlich.
Sondern auch, wie ist Ärger an die Erfahrung von erlittenen Traumata gebunden, bei Müttern, die oft sexuelle Gewalt erfuhren, und Vätern, die gebrochen aus dem Krieg heimkehrten? Wie wurde Ärger als Abwehr von Trauer, Verlust und Depression weiter gegeben? Wie wurde er aufgenommen und von wem? Wie stehen wir heute da als Deutsche Nachkriegskinder, Kriegsenkel*innen und -urenkel*innen? Welches buddhistische Training hilft uns, angemessen Ärger auszudrücken, so dass er beziehungsgestaltend wirkt? Und welche Therapie- und Kommunikationserfahrung aus zum Beispiel der Gewaltfreien Kommunikation, aus Dylog und aus Council-Kreis-Arbeit kann die Buddhistinnen und Buddhisten befruchten?
Hier wünsche ich mir Diskussion, Offenheit und Neugier und werde selber einen Essay dazu schreiben – hoffentlich bald.
Mein Prozess mit dem Kapitel „Ärger“ bis jetzt:
Ich habe es gut und genieße es, die Textabschnitte des Buches mehrmals gelesen zu haben, mindestens einmal, als ich das Buch zum ersten Mal sehr interessiert las. Dann als ich mich entschied, es zur Grundlage unseres Studiums und unserer freiwilligen Praxis zu machen. Unmittelbar vor dem Vortrag mehr oder minder genau, mal mit, mal ohne Notizen. Nur zu Beginn waren dieses ausformuliert. ich hatte Sorge, wenn ich das nicht täte, mit der Zeit nicht hinzukommen.
Inzwischen bin ich daran gewöhnt, zu improvisieren, Sätze auf Englisch abzulesen, weil sie so prägnant sind und diese sofort zu übersetzen. Ich bin daran gewöhnt, die Uhr im Blick zu behalten für 20-max.25 Min., und ich fasse schnell und ohne lange zu zögern, was beim letzten Treffen das allgemeine Thema oder der Schlusssatz war wie auch, was ich gehört, verstanden oder auch nicht ganz verstanden habe, vielleicht auch, wo ich eine andere Ansicht vertrete. Der Anfangskonflikt, wen oder was vermittele ich bei diesen Reflexionen, hat sich so gut wie aufgelöst. Auch aus Zeit- bzw.anderenpragmatischen Gründen.