I Schreiben als Weg, Befreiung und Transformation

Mit dem Schreiben während einer Therapie, meiner ersten, langen, begann alles. Denn etwas in mir war aufgebrochen, ich konnte, was da herausnwollte, nicht mehr halten, nicht mehr aushalten, wollte auch nicht. Auch wenn ich den Text selber fast nicht aushielt und beim Vorlesen in der Therapie schon gar nicht. Die Sprache, meine Stimme, die Inhalte. Diese Seite kannte ich nicht, sie war mehrfach wegzensiert. Zwei Diktaturen hatten es geschafft – dass auch die andere Diktatur eine Rolle gespielt hatte, in dem Leben der Westdeutschen, begriff ich erst später – plus die Diktatur der Familiengeheimnisse bzw. -tabus, plus das, was wir in Schule und Gesellschaft für „gute Schreibe“ hielten, hatten mich, die von Natur aus Lesende, Denkende, Lernende, Schreibende, verkrüppelt. Wo aber Denken und Fühlen verkrüppelt sind, was bleibt da noch übrig? Auf jeden Fall kein authentisches Selbst. Kein Wunder, dass ich ständig „zu sehr liebte“, mich selbst aber zu wenig, dass ich keinen Schimmer davon hatte, was Liebe ūberhaupt ist, oder halt! Natürlich wusste ich es, jedeR weiss es, aber ob wir es jemals realisieren können, das Lieben und sich lieben lassen, das ist die ganz andere Frage.

Ich vermochte es kaum, musste, wie Siegmund Freud es beschreibt, meine Geschichte der Heillosigkeit in Beziehungen, des Hoffens wider besseres Wissen, (dass die Narzissten sich ändern würden, wenn man nur ehrlich und loyal zu ihnen bliebe und ihnen verzieh) immer wieder erzählen. Seht her, rief die Geschichte, hier könnt Ihr lernen, wo der ganz große Irrtum liegt, der die Heldin einen falschen Weg nehmen lässt! Was dann folgte, war eine Geschichte der Ablösung von einem Narzissten ohne Selbsteinsicht, obwohl sie nicht die einzig Getäuschte gewesen war, es waren immer die Verführten selber, die schuld waren in ihrer großen Verwundbarkeit! Sie waren und sind es, die eine Gefahr für diejenigen darstellen, die auf der Autoritäts-Seite stehen. Die Autoritäten (Lehrer, Priester, Regisseure…) können und wollen nicht einsehen, dass sie ihre eigene frühkindliche Gier nach Anerkennung und mehr auf die  „verletzbaren, emotionalen“ Frauen schieben. Mit diesen Zuschreibungen sind sie mal wieder aus dem Schneider, denn gegen ihren Willen verführt. Fragt sich, wer von beiden Seiten real in einer systemischen Position der Unterlegenheit ist und oft gehalten wird. Überhaupt wird systemische Gewalt kaum je problematisiert.

Dies anzuerkennen und zu sich zu nehmen: Wo ein Mann in der Lehrer- (oder anderer Leitungs-) rolle das kann bzw. übt, gibt es eine gute Chance für beide zu wachsen.

Viele vergessen es, dass es das Tagebuch schreiben war, der Briefwechsel, das Lesen, welche die Einsamkeit zum Tode überwinden halfen! Wir wollen doch EINS: bezeugen, dass ein anderes Wesen auf dieser schrecklich-schönen Welt 1. etwas Ähnliches wie wir selber erlebt hat 2. es überlebt hat 3. es offenbar nicht dauerhaft in der Gosse gelandet ist.

Vielleicht sind Sie bald dieses andere Wesen, und wieder andere richten sich an Ihnen auf.