Diese Titelzeile war in den vergangenen Tagen wörtlich in mehreren Zeitungen zu lesen.
Der Sarkasmus ging, wie er gekommen war, nach kurzer Zeit. Geblieben sind eine Traurigkeit und tiefes Nachdenken. Ja, so sind wir Menschen. Hier können wir es studieren, was Buddha meint, wenn er uns erstens sagt: Das Haus brennt. Und zweitens: Das Haus brennt überall. Drittens: Was ist zu tun, wie löschen wir das Feuer?
Der Punkt ist doch – und es wird auch immer gesagt und behauptet –, wir sitzen alle im selben Boot, im selben Haus. Wenn wir es doch so wahrnehmen könnten. Ein paar leben im Keller, auf dem Dachboden, im Gartenhäuschen, in der Kanalisation. Das ist der Punkt. Nehmen wir auch die Unsichtbaren wahr? Nehmen wir wahr, dass es größere und kleinere Wohnungen in dem Haus gibt, manche ohne Wasser? Nehmen wir wahr, wenn ein Haus auf Sand gebaut ist oder auf einem starken Felsen? Nehmen wir wahr, dass das Virus zwar vorhanden ist und die Politiker und Politikerinnen, die natürlich auch wunderbare Menschen sind wie wir, ebenso, dass ein Leben mit dem noch bedrohlichen Virus eine Chance ist zum Erwachen? Ja, dass Erwachen wahrscheinlicher ist, wenn wir aus der Komfortzone herausgetrieben werden? Schließen wir unsere Wohnungslosen in unser Herz bei den Andachten, kochen wir für sie mit, für einen wenigstens, wenn wir kochen? Unterschreiben wir Petitionen und suchen nach Wegen des Engagements für die Geflüchteten, auch wenn wir momentan nicht auf die Straßen dürfen? Wir sehen, wie viel Geld mobilisiert werden kann, wie viele stabile, wettertrotzende Zelte aufgestellt werden können, wie viele deutsche Urlauber aus weit entfernten Regionen zurückgeflogen werden können. Wir sehen das, finden es richtig und schön, einerseits. Und denken aber auch, ernüchtert, dass wir uns das eigentlich immer schon dachten. Die Logistik ist da, Tausende von Geflüchteten unter Einsatz gebündelter Kräfte und Mittel aufzunehmen, zu verteilen, medizinisch zu untersuchen, sie langsam zu integrieren in die jeweiligen Gesellschaften.
Täglich wird gestorben, in Syrien, Afrika, im Jemen; Seuchen waren und sind zu ertragen in den Lagern dieser Erde, auf den Schiffen, die nicht anlegen durften und dürfen. Darwin lässt grüßen. Die Selektionsrampe. Entschuldigt, ich bin wieder sarkastisch. Zu oft war ich in Auschwitz. Dabei weiß ich ja selber nicht, ob und wie ich meine Mitmenschlichkeit bewahren kann, wenn ich den Virus bekomme und schwer erkranke. Oder meine lieben Verwandten und Freunde. Aber ich hoffe es. Ich bete dafür, täglich. Dass ich für die Politikerin genauso viel Mitgefühl aufbringe wie für Will, den Wohnungslosen, oder die Rohingya, Dalits, Kurden …
… denn wir sind sie. Ich bin sie. Möge unser Haus auf Felsen gebaut sein. Für alle Wesen.