Dieses große Geheimnis verbindet uns mit dem Leben. Atmen wir nicht mehr, sterben wir. Manche von uns würden so weit gehen zu sagen: Kann ich nicht mehr schreiben, sterbe ich (seelisch, emotional).
Was mir immer stärker einleuchtet, ist, dass LEBEN AN SICH Leiden ist. Ich glaube, es braucht ein ganzes Menschenleben oder mehr, um das zu begreifen und auszuloten. Wir sind so sensible Wesen, fragil und angewiesen auf Liebe und die Erfüllung von Basisbedürfnissen. Fast mag man sich wundern, dass man zu denen gehört, die bis zum heutigen Tag überlebt haben. Auf wie viele Arten hätten wir schon zu Tode kommen können? Dies ist doch das eigentlich Erschütternde! Was mache ich nun mit dieser Erschütterung, mit der Freude, der Dankbarkeit? Halte ich inne?
Ich könnte bewusst atmen. Freude einatmen, Freude ausatmen. Das Merkwürdige ist nämlich, auch sie steht zur Verfügung, immer, diese feine, leichte Energie. Und den Atem können wir zwar nicht in umfassendem Sinne kontrollieren, aber wir können Bewusstheit kultivieren. Leidvolle Situationen lassen sich so in Gelegenheiten umwandeln, Freude einzuatmen, Freude auszuatmen – nur als Beispiel. Die Lehre geht da noch weiter und tiefer. Wir können unser Leben durch Schreiben intensivieren, uns nah sein, wieder eins werden. Eins mit den Wesen, mit der Welt. So wie gesagt wird, dass wir beim Sitzen und Üben schon erleuchtet sind, so kann man auch sagen, dass wir während des Schreibens schon erwacht sind. Erwacht reiten wir auf den Energien, von ihnen bewegt, jedoch nicht ausgeliefert.
Das ist volle Lebendigkeit, wenn wir keine Erfahrung, die uns schmerzlich berühren könnte, mehr ausschließen müssen. Ich bin noch nicht so weit. Aber ich übe. Ich lese bei Thich Nhat Hanh im Buch „Das Wunder des bewussten Atmens“, wie er das Prinzip des Einschließens auch auf unseren Körper bezieht: „Missachtet also keinen Teil, kein Organ eures Körpers. Schaut genau hin, und ihr werdet die Wirklichkeit erkennen. Das ist die Übung der Meditation.“