Unkel war der erste ehemalige Synagogen-Standort, den wir im Rahmen unseres Projekts 22 zerstörte Synagogen im Rhein-Sieg-Kreis besucht haben. Neben Monika Winkelmann und Ingo Thies war auch Pfarrer i.R. Ulrich Thomas dabei. In Unkel sind die nachfolgenden Texte entstanden.

Ingo Thies und Pfarrer Ulrich Thomas genießen die Pause.

Texte von Ingo Thies

6.9.2025 Vor der Gedenktafel für die Unkeler Synagoge

Eine kleine Melodie in mir…

…die möchte vom Leben singen. Von der Heiligkeit allen Lebens. Doch wird sie oft übertönt von den lauten Dissonanzen der Gewalt. Ja, auch der Gewalt in mir. Wie oft wünsche ich jemandem, er möge dorthin gehen, wo keine Sonne scheint.

Aber sie scheint doch…

Monika und Pfarrer Thomas am Ort, wo die Synagoge stand

Friedhof Unkel

Die Sonne scheint. Insekten summen. Wir sitzen auf dem Friedhof in Unkel in direkter Nachbarschaft zum jüdischen Friedhof. Ich schreibe diese Zeilen im Gedenken an die vergessenen Seelen jüdischer Menschen, die hier bestattet wurden, oder deren Gebeine unauffindbar bleiben. Grabsteine, die wie Schutt entsorgt waren und wiedergefunden und aufgestellt wurden.

Auch wenn es wenige waren, die hier lebten, möge ihr Gedenken gewahrt bleiben.

 

Pfarrer Thomas auf der Fähre nach Königswinter

 

Texte von Pfarrer Ulrich Thomas

6.9.2025 Mein Besuch auf dem jüdischen Friedhof in Unkel
„Gras wächst zwischen den Steinen/ die Tränen vom Weinen/nähren das Leben/zwischen den Steinen“
„Schlummer gut“ steht auf einem Grabstein.
Da sind Menschen in Liebe und Zuneigung einander verbunden gewesen.
und jetzt:
eine  große leere Fläche.
Sie erzählt von gewaltsamen Schicksalen.
Mitten unter uns:  der Riss, mit Gewalt vollstreckt.
Kein unabwendbarer Schicksalsschlag, sondern Bürokraten, Nachbarn, „Jedermann“ – Täter.

Monika auf dem jüdischen Friedhof in Unkel

Texte von Monika Winkelmann

6.9.2025 Mit Freunden in Unkel – Lieber Gott
Lieber Gott, wie kann das sein.
Ich sitze auf einer niedrigen Mauer an der Straße, gegenüber das einzige Zeugnis der Judenvernichtung bzw. Synagogenverbrennung, und bin glücklich.
Kann es sein, Ewiger, dass wir den ‚Versammlungsort‘ nach draußen verlegt haben, VOR die Synagoge?
Kann es sein, dass diese unsere Zeit nach experimentellen Formen universeller Liebe verlangt?
Ich weiß es nicht und verbeuge mich vor dem Mysterium. Amen.

 

Am jüdischen Friedhof – Drei Wort-Elfchen

Wieder
erkennen. Trauer
über die wenigen
Grabsteine schon durchgeweint*. Mein
Beileid.

 

Beileid
Compassion, Mitgefühl
immer, überall, ach!
Unsere Sorgen, Ängste benannt.
Inklusion.

 

Inklusion
des Erbärmlichen
in uns, Politik
der Armut, Asyl den
Ausgestoßenen

Auf dem benachbarten christlichen Friedhof