Autobiographisch schreiben – Was ist das?
Was ist, wenn ich es nicht mag? Warum steht es am Anfang?
Erst einmal dies, zur Antwort: viele schreiben autobiographisch, ohne es zu wissen. Vielleicht mehr Frauen als Männer, obwohl sich dieser Sachverhalt durch Hans-Jörg Ortheil und Karl-Ove Knausgard gerade zu ändern scheint. Etwas vereinfacht gesagt, ist jeder Text, in dem das „Ich“, das identisch ist mit dem Autor, autobiographisch. Ist das „ich“ nicht identisch mit der Autorin, könnte es sich um eine autobiographische Erzählung handeln: zwar wurde das eigene Leben als Grundlage genommen, der Autor hat es jedoch aus welchen Gründen auch immer, so verfremdet, dass weder er selber noch handelnde Personen in der Geschichte sich wieder erkennen können. Dieser letzte Fall, die fiktional angereicherte Autobiographie ist aus verschiedenen Gründen wichtig, aber ich möchte hier nicht darauf eingehen.
Man schreibt autobiographisch im Tagebuch, in Briefen, man erzählt und reflektiert über sich und die Welt und wie diese auf einen einwirkt.
Nicht wenige möchten ganz bewusst Erinnerungen festhalten, beglückende, schwierige, sehr krisenhafte. Vor allem ältere Menschen haben oft das Bedürfnis, für ihre Enkel*innen zu schreiben, manche auch für ihre Kinder oder den gesamten Familienkontext.
Ich habe Gruppenteilnehmer*innen kennengelernt die ich als Chronisten erlebte. Sie hatten ein deutliches Bedürfnis, Zeugnis abzulegen von der Geschichte ihrer Familie oder ihres eigenen Überlebens oder ihres Kollektivs oder wovon auch immer.
Dazu kommt, dass es Lyriker und Lyrikerinnen gibt, wie Mascha Kaleko, die ausgesprochen autobiographisch schreiben, denen der Schreibende sich auch anschließen könnte.
Uns ist HIER wichtig, zum Üben, kreativ sein oder weil wir es so intendieren, mit dem erzählenden Ich identisch zu sein. Uns interessieren auch keine Diskussionen darüber, innen oder außen, ob Erinnerungen der Wirklichkeit im Sinne von Wahrheit entsprechen. Es geht einzig darum, sich von dem Zensor/der Kritikerin/dem Richter oder Saboteur zu befreien, der mit großer Wahrscheinlichkeit dann erscheint, wenn die Schreibenden in die Zone der Wahrheit ihrer eigenen Geschichte vordringen. Man sollte es nicht glauben, aber ich kann es bezeugen: Dieser „Innere Saboteur‘, so fasse ich jetzt einmal alle kritischen, zuweilen äußerst aggressiven, zerstörerischen Stimmen zusammen, hinderte viele überhaupt am Schreiben, bevor diese zu mir kamen! Es ist also gar nicht unüblich, dass erst einmal Einiges an seelischer Arbeit getan werden muss oder darf, je nach Standpunkt, bevor „frei von der Leber weg“ erzählt werden kann.
Erwähnen möchte ich noch, dass von Zweien meiner Mentoren empfohlen wird, die eigene Lebenserzählung aufzuschreiben, am besten handschriftlich, bevor der nächste Schritt getan wird.
Das mag jede*r selbst für sich entscheiden.
Wer jedoch mit Schreibgruppen oder Therapiegruppen oder gar im 1:1-Verhältnis mit Klient*innen arbeitet oder arbeiten möchte, in denen es in irgendeiner Weise um das Erkennen von Schreibblockaden bzw. um Transformieren von Schreib- bzw. Ausdrucksblockaden geht, kommt nicht umhin, sich die eigene Lebenserzählung gründlich poetisch angeeignet zu haben.
Autobiographisches Schreiben wird auch im Kriegsenkel-Workshop angewandt, aber nicht ausschließlich.
Inhalt:
Allgemeine Einführung mit Literaturbeispielen. Erläuterung der bewährten Gruppen-Regeln sowie der Regeln des Kreativen Schreibens. Schreibspiele, poetische Kurzformen, Übung einiger autobiografischer Schreibmethoden. Erläuterung „Heilsame Resonanz“.
Am Nachmittag Schreiben eines längeren Textes, „Heilsame Resonanz“ aus der Gruppe. Der Text kann ggf. ein Kapitel der Autobiografie sein bzw. der Beginn eines Kapitels.
Je nach Interessenlage und Zeit können Strukturierungsvorschläge für ein grösseres Werk gemacht werden.
Methoden:
Themenzentrierte Interaktion; Kreisgespräche und Dyaden/Dialog-Arbeit; Meditation, formal und frei; poesiepädagogische/-therapeutische Interventionen; interaktive, erlebnisfördernde Spiele; intermediale Arbeit. Ggf. Übungen aus der Konstellations-Arbeit. „Inneres-Kind“-Arbeit.
Transfer
Zielgruppe:
Alle, die sich angesprochen fühlen. Lust und Freude an Selbstreflektion und die Bereitschaft zu Offenheit werden vorausgesetzt. Schreiberfahrung wird nicht vorausgesetzt, ist aber auch kein Hindernis. Jede*R lernt von Jedem. Schreibprojekte können hier. weiterverfolgt werden.
Teilnehmer*innenzahl:
8 max, 4 min.
Ziele:
Träume verwirklichen („Ich will schon lange ein Buch schreiben…), ES TUN! Integration von verschütteten bzw. erschütternden Erlebnissen, Widerfahrnissen. Ganzheit stärken durch erzählen und dichterisch fassen. Sich die eigene Widerstandskraft, Überlebens- und Lebensstrategien bewusst machen, das Leben feiern. Daseinsfreude erleben, die Schönheit der Texte erfahren, genießen. Den eigenen Beitrag zum Ganzen, Großen erkennen und würdigen. Tieferer Lebenssinn kann sich erschließen,
Frieden kommt auf.
Über autobiographische Schreibarbeit mit Kriegskindern und Kriegsenkeln
Teil 1
Teil 2
Wichtiger Hinweis / Erklärung
Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass „Autobiographisches Schreiben“ keinesfalls einen Arztbesuch, ärztliche oder psychotherapeutische oder sonstige heilkundliche Behandlung und diagnostische Tätigkeit ersetzt. Verschriebene Medikamente dürfen keinesfalls ohne Absprache mit dem behandelnden Arzt abgesetzt oder anders als verschrieben eingenommen werden.
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