Gehen, ohne anzukommen. Gehen, bewusst, im Gehen ankommen, im Gehen unbehaust sein, im Gehen still sein. Die uralte Sehnsucht stillen, einfach zu sein. Gehen als Gebet.

Lange habe ich mit dem Mantra von Zen-Meister Thich Nhat Hanh geübt: Ich bin angekommen, ich bin zu Hause. Eine zärtliche Liebe verbindet mich immer noch mit dem verinnerlichten Gebet, das nicht nur mir in bedrängenden Lebenssituationen geholfen hat, mich auszurichten und manchmal einfach eine Situation zu tragen, statt zu bloß zu ertragen
Heute reicht mir das pure Gehen, das Sehen und Spüren. Ich kann mich dabei so verlieben, Stadtwanderin, in ein Ensemble aus Zigarettenstummel, Licht, einem müden Löwenzahn und einem grauen, aufgerissenen Betonflecken.
Manchmal mag ich die Stadt nicht und wünsche mich ans Meer. Doch dann, nach dem Morgengebet, “Don’t squander your Life” – Verschwende Dein Leben nicht”, finde ich den Gedanken, woanders sein zu wollen, als ich bin, derartig obszön und dumm, dass sich die Szenerie verwandelt: Leuchtend scheint sie mir entgegen, die kühle, staubig-graue Treppe meines Hauses, die ich hinuntersteige, wie eine Auserwählte.
Die Haustür fällt träge und leise atmend ins Schloss, während ich mich schon nach rechts wende, zur großen Strasse unten, wo auch ein Fluss munter plätschern könnte.
Also höre ich den Autos zu, der Bahn, und überziehe die Welt nicht mit meinen Vorurteilen.
Meine Arme schwingen weit, während die beiden Beine gehen, gehen, gehen.
Und immer kommen wir an, schreibt der sanfte Mönch.