Liebe FFF- Leute,

in den letzten Wochen beschäftigen mich, wie sehr viele andere Menschen in der Welt auch, die furchtbaren Geschehnisse in Israel und im Gazastreifen.

Vor einigen Tagen las ich auf tagesschau.de erstmalig darüber, dass Greta Thunberg ihre Solidarität mit dem palästinensischen Volk ausgedrückt hat.

Ich kann sie sehr gut verstehen, und finde daran, (außer vielleicht einer gewissen Naivität in der Durchführung) überhaupt nichts auszusetzen.

Was mich allerdings erschreckt hat, war die Art und Weise, wie berichtet wurde, nämlich mit der Intention, ihr eine antisemitische Haltung unterzuschieben, die ich in ihrer Aktion selbst in keinster Weise entdecken kann. Außerdem finde ich es sehr bedenklich, dass im Verlauf des Artikels ein Vergleich gezogen wird zwischen der „bösen“ Greta (die auch jetzt schlagartig ihre Vorbildfunktion eingebüßt haben soll…?) und der braven deutschen FFF-Fraktion, die sich sehr zurückhält, bzw. jede Form von Kritik an Israel ablehnt.

Zum einen ist es doch so, dass für eure Bewegung eine große Gefahr darin liegt, wenn ihr euch so einfach spalten lasst, ohne euch überhaupt offen und konstruktiv auseinander zu setzen, oder seht ihr das anders?

Zweitens würde ich gerne ein paar Überlegungen äußern, ganz konkret zum Begriff Antisemitismus, bzw. dessen Gebrauch.

In den letzten 3 Jahren hat es mich oft erstaunt, ja geradezu schockiert, wie vielen Menschen auf einmal das Label Antisemit aufgedrückt wurde, und zwar- aus meiner Sicht alles Menschen (mit Ausnahme einiger AFD- Politiker, die dieses Label teilweise verdienen), die sich integer und aufrecht – und mit gutem Recht- gegen die damaligen Corona Maßnahmen geäußert haben, oder auch den indirekten Impfzwang kritisiert haben.

Zuerst waren es noch einzelne, die quasi über Nacht zu Antisemiten geworden waren, wie z.B. Prof. Sucharid Bhakdi, aber nach und nach stand auf einmal jeder, der Maskenpflicht  oder Impfung abgelehnt hat unter Antisemitismus-Verdacht. Also auch ich.

Wie finde ich das? Was macht das mit mir?

Ehrlich gesagt: Ich finde diesen Vorwurf so plump, lächerlich und absurd, dass er mich nicht im geringsten berührt, denn von mir selbst weiß ich absolut sicher, dass ich keine Antisemitin bin.

Aber es ist offensichtlich, dass man in Deutschland die meisten Menschen mit diesem Vorwurf derartig erschrickt, dass sie, in vorauseilendem Gehorsam, sich gar nicht erst trauen, irgendetwas zu hinterfragen oder anzuzweifeln.

Woher kommt das eigentlich? Weil wir alle Nachfahren von Nazis sind?

Das ist sicher ein Grund, aber meiner Ansicht nach nicht der Ausschlag gebende.

Ist es nicht eigentlich so, dass uns allen immer noch genau das in den Knochen steckt, was die Nazis erst so mächtig hat werden lassen?

Nämlich das, was Heinrich Mann in seinem „Der Untertan“ so erbarmungslos treffend beschrieben hat?

Übrigens sehr prägnant zusammengefasst von Kurt Tucholsky:

„Dieses Buch Heinrich Manns (…) ist das Herbarium des deutschen Mannes.
Hier ist er ganz: In seiner Sucht zu befehlen und zu gehorchen, in seiner Rohheit und in seiner Religiosität, in seiner Erfolgsanbeterei und seiner namenlosen Zivilfeigheit.“

Ja, da muss man erstmal schlucken…

Und dazu gehört natürlich die entsprechend konditionierte Frau, damit das System funktioniert.

„Haben wir das nicht längst hinter uns?“

Auch ich habe mich das gefragt, aber ich fürchte, nein.

Wir haben heute viel mehr Rechte als Frauen, sind toleranter gegenüber anderen Religionen, gegenüber Homosexuellen, sogar mehrgeschlechtlichen Menschen gegenüber, das ist alles zu begrüßen, und darauf dürfen wir auch stolz sein.

Aber heißt das, das wir heute erwachsener sind als vor hundert Jahren, dass wir uns trauen, selbstständig zu denken, und dann auch aufrecht zu unserer Überzeugung zu stehen?

Ehrlich gesagt, beobachte ich laufend das Gegenteil. Während der Corona-Zeit war das für mich besonders schmerzhaft zu beobachten, bis in meinen engsten Freundeskreis hinein.

Und dann mussten wir ja alle Zeugen werden, wie zu Beginn des Ukraine- Krieges aus den Grünen, einer Partei, die immer gegen Aufrüstung war, das absolute Gegenteil wurde, und auch hier wurde es über Nacht zum Tabu, an am vorherrschenden Narrativ zu zweifeln.

Wir mussten uns sogar von unserem Bundeskanzler sagen lassen, wir seien „Gefallene Engel aus der Hölle“, wenn wir uns eine Friedenstaube an den Mantelkragen gesteckt haben.

Protest irgendwo in Politik oder gar von Kirchenvertretern? Fehlanzeige.

„namenlose Zivilfeigheit“….?

Von eurer Seite hätte ich auch, ehrlich gesagt, ein bisschen mehr Haltung erwartet.

Wie verträgt sich denn massive Aufrüstung mit Klimaschutz? Oder der Einsatz von Uranmunition?

Meine Freundin hat dazu gesagt: „Du verlangst zuviel von diesen jungen Menschen- da knicken ja sogar die alten ein“  Da mag sie durchaus Recht haben aber ich möchte euch ermutigen:

Traut euch, selbstständig zu denken, und, vor Allem: Schaut gründlich und ehrlich hin, lasst euch nicht mundtot machen oder vor irgendeinen politischen Karren spannen.

Ihr habt doch, genau wie wir Älteren, von unseren Vorfahren auch viel Gutes geerbt: Die Fähigkeit, logisch und analytisch zu denken, die Fähigkeit, Dinge kritisch zu hinterfragen, und auch den Mut, das Fähnchen nicht in den Wind zu hängen. Sonst wärt ihr doch niemals auf die Straße gegangen.

Und damit komme ich zurück zum Ausgangspunkt. Israelpolitik und Antisemitismus.

Findet ihr es in Ordnung, dass ein Staat- der entstanden ist als Konsequenz von unvorstellbaren Verbrechen, als Folge eines Wahns, und daraus resultierendem millionenfachen unsagbaren Leidens ( all das ist unbestritten und niemals zu vergessen)- aber hat dieser Staat dadurch auf alle Zeit einen Freibrief, seinerseits das benachbarte Volk zu schikanieren, auf eine Art und Weise, die gegen alle Regeln des Völkerrechtes verstößt?

Oder findet ihr gar, dass eine solche Frage gar nicht erst gestellt werden darf?

Bin ich dadurch auch ein Antisemit?

Ganz ehrlich: Ihr seid doch intelligenter.

Seid doch nicht zufrieden damit, euch zu distanzieren, so wie das gerade überall von euch gefordert wird, fangt lieber an ,euch auseinanderzusetzen, vielleicht auch zu streiten.

Aber lasst euch doch bitte nicht einfach so spalten, denn gemeinsam seid ihr, weiß Gott stärker.

Und die Welt hat mutige (junge)  Menschen so bitter nötig!

Teresa Jansen

 

Foto von Mika Baumeister auf Unsplash