Von Anfang an hat mich begeistert, wie Bernie die Welt retten wollte.

Das erste Argument, das ich von ihm persönlich hörte, also nicht in seinem Buch las, war in die nun folgende Atmosphäre eingebettet, die ich hier zu beschreiben versuche: 2009, also genau for zehn Jahren, fuhr ich zum zweiten Mal auf eine Großveranstaltung mit S.H.Dalai Lama, diesmal nach Frankfurt. Man muss sich ein riesiges Stadion vorstellen, mit Tribühnen, einer geräumigen Bühne, und riesige Bildschirme. JedeR im Raum findet seinen/ihren Bildschirm, um das, was auf der Bühne passiert, zu verfolgen, bis in die Mimik der Gesprächspartner hinein, und die Übersetzungen werden gleich mitgeliefert. Zwei Jahre früher war ich für eine ganze Woche angereist, um in Hamburg den Dalai Lama zum Thema „Shantideva: Leerheit“ sprechen zu hören. Es war ein unvergesslich tiefes Erlebnis.Neben S.H. steht also der Zenmeister Bernie Glassman, dessen Buch „Zeugnis ablegen“ ich schon gelesen hatte und mit dessen Gelübden und Richtlinien ich schon übte. Als der Dalai Lama zu Ende gesprochen hatte, nahm Bernie Tetsugen Glassman den weißen Schal (Kata) und legte diesen dem von ihm sehr geschätzten Tibeter um den Hals. Eine Geste, die ich sehr anrührend fand, da üblicherweise der Rinpoche seinen Gästen und Schülern diese weißen, hauchdünnen Katas umlegt.
Der Dalai Lama sei ein Weltbürger, wie wir es alle werden sollten, sagte Bernie öfter.Doch dann wandte Glassman sich zu den zwanzigtausend oder mehr Zuhörern im Saal, viele von ihnen orange gekleidet, in den ersten Reihen sitzend, und sagte: „Was wir hier alles besprechen und miteinander teilen, ist gut und richtig, doch ich frage mich: Was ist mit all denen draußen, die diese Botschaft nicht hören können oder wollen?“

Nach einer Stille, in die diese Frage fiel wie ein Tropfen in eine Schale, füllten sich meine Augen mit Tränen, und ich hörte länger nicht auf zu weinen.

Noch in den Räumen der Sportarena Frankfurt googelte ich an einem öffentlichen Computer nach dem nächsten Auschwitz-Zeugnis-Ablegen-Retreat, das für mich in Frage käme. Kaum war ich wieder zu Hause, meldete ich mich für das 5-Tage-Retreat in Krakau/Auschwitz-Birkenau an, das ausnahmsweise im Frühsommer 2010 stattfinden würde.

Der richtige Zeitpunkt war gekommen. Ich musste erst einem buddhistischen Lehrer begegnen, der dieselbe Frage stellte, die ich unbewusst in mir trug.

Um diese Frage zu beantworten, gebe ich seitdem alles, was ich bin und habe.

Von 2010-2014 nahm ich an fünf Auschwitz-Retreats teil. Seitdem gönnte ich mir eine Verdauungspause, und legte an anderen Orten dieser Erde, zusammen mit anderen Zenpeacemakern und alleine Zeugnis ab. Ebenso widmete ich mich intensiv dem Studium und der Praxis von Zen unter einem Zenmeister.

Im November diesen Jahres fahre ich wieder nach Polen und nehme teil. Wer oder was ruft mich?