Manchmal teile ich einfach, was obenauf liegt. Oft sind das Reflexionen oder Einsichten, die durch andere angestoßen worden sind.

Das gefällt nicht allen, weil dieses Teilen naturgemäß höchst subjektiv ist. Vielleicht kann ich mich auf diese Weise am besten, am authentischsten vermitteln.

Heute war es also Norman Fischer, Dichter, Schriftsteller, Zen-Priester, von dem ich mehrere Bücher* mit großem Gewinn gelesen habe, der mich schon sehr nachhaltig inspiriert hat und – wie man sieht – damit fortfährt. Norman hat eine „Erklärung zu den Protesten“ abgegeben, die auf seiner Seite www.everydayzen.org zu finden ist. Wie ich das so mache, als eine Aktivistin auf Facebook in Sachen Zen und Peacemaking: Ich habe den Text kopiert und ihn auf die beiden Facebook-Seiten gestellt, die ich verwalte. Verwalten heißt, dass ich „posten“ und fremde Einträge löschen und auch durch Fotos oder andere Beiträge gestaltend wirken kann. Ich wünschte, dieser Text würde in großen Zeitungen erscheinen und gelesen, diskutiert, und er würde auch übersetzt werden. Warum? Er ist mutig und weise, er ist sprachlich präzise und von seiner Haltung her bescheiden.

Norman – so lässt er sich immer nennen, er mag keine Titel – beginnt damit, dass er über den „Bodhisattva-Weg“ bzw. über die Gelöbnisse spricht, die wir Laienordinierte im Zen, und alle Lehrer*innen natürlich auch, täglich mindestens einmal sprechen. Sie werden auch die „Vier Großen Gelübde“ genannt. Wir verpflichten uns darauf, im Wissen, dass wir sie niemals einhalten werden können und dass unser Versprechen für alle Zeit gedacht ist, wie im Mahayana-Buddhismus üblich. Gestern Abend habe ich in einem Vortrag von ihm gehört, wie er darüber denkt. Es geht einfach darum, nicht zu töten und andere nicht zu unterstützen beim Töten; das Leben in allen Facetten zu schützen, zu fördern, zu unterstützen; einen Weg des Verstehens und der Vergebung zu gehen, da wir uns moralische Überheblichkeit nicht leisten können. Er fuhr fort und fügte an, sinngemäß: „Nicht alle von euch sind Laienordinierte und haben die Gelübde abgelegt. Aber alle berufen sich auf diese grundlegenden, menschlichen Richtlinien und Werte, die unser Zusammenleben ermöglichen. Es ist die grundlegende Güte, die wir miteinander teilen.“

Wir teilen aber auch, wie er sagte, das, was Entsetzen bei uns auslöst, wie die aufputschenden, aufpeitschenden Reden des Präsidenten der Vereinigten Staaten. Es ist so schwierig, dieses Entsetzen wahrzunehmen und gleichzeitig zu sehen, dass wir das auch sind. Als eine Möglichkeit von uns. Oder auch gelebt, manchmal. Unsere grundlegende Güte, was ist, wenn sie pervertiert wurde und ausagiert, im Dritten Reich? In Namibia? An den Grenzen Europas? Im Umgang mit den Schiffen voller Geflüchteter, die keinen Hafen finden, der sie freundlich aufnimmt?

Ich weiß es auch nicht. Doch schon Stephen Levine, ein anderer großer Poet und Dharma-Lehrer, der vor einigen Jahren starb, ermahnte uns, niemanden je aus unserem Herzen zu verstoßen, vor allem auch uns selbst nicht. Vielleicht haben diejenigen von uns, die diese Perversion der Bosheit leben, sich selbst längst aus ihren Herzen verstoßen.

Wie legen wir Zeugnis ab, in einem heiligen Raum, der so groß ist wie das gesamte Universum?