Dichter*innen-Lesung: „Die Wunde Auschwitz Berühren“ (Nach dem Buch von Dr. Manfred Deselaers)

Lutz von Werder, Ruth Cohn und Bernie Glassman sind meine geistigen Großeltern. Ich verdanke ihnen Vieles, was ich werden durfte, zu meinen Berufungen beitrug, was und wie ich heute bin. Mit allen Dreien bin ich lange Wege gegangen. Mit Lutz und Bernie hatte ich persönlichen Kontakt, Bernie hat mich und meinen Ex sogar zu Hause in Bonn besucht, und blieb über Nacht. Lutz hat mich zu einem Supervisions-Wochenende nach Berlin eingeladen, bei dem ich von Ruth Cohn und der Themenzentrierten Interaktion erzählte. Ich hatte auch ein Wochenende über die Didaktik von kreativen Schreibprozessen in Soest mit ihm absolviert, das ich bis eben vergessen hatte. Ruth Cohn habe ich dreimal persönlich erlebt, aber nicht in einem ihrer berühmten Workshops, sie war schon sehr alt und lebte im Haus von Helga Hermann in Düsseldorf. Das erste Mal habe ich sie bei einem Vortrag in einer Kirche erlebt. Nur sie vermochte es, die Atmosphäre mit der starren Sitzordnung so zu verwandeln, dass Lebendigkeit und Interaktion unter den Anwesenden entstanden. Das zweite Mal stand sie auf irgendeiner Bühne und teilte mit uns ihr eigenes „Verblühen“. Ich sollte es nie vergessen. Sie strahlte einfach null Angst aus, konnte aber ehrlich bis ins Feinste und Kleinste über sich Auskunft geben, wie es ihr gerade zumute war. Genauso begann sie auch ihre Bücher, und ich lernte davon. Nie mehr würde ich Angst vor Vorträgen haben, man ist einfach diejenige, die man ist. Punkt. Sie wurde von Männern und Frauen geliebt, wertgeschätzt. Ich lernte, mich zu leiten und zu erfahren, wie ich wahrgenommen wurde. Und Vieles, Vieles mehr. Beim dritten Mal war sie in die Botanische Abteilung des Botanischen Gartens in Poppelsdorf eingeladen, ich weiß nicht mehr, was der Anlass war. Irgendein hoher Geburtstag vielleicht. Diese Runde war recht intim, ich weiß nicht mehr, wie ich zu dieser Ehre kam, vielleicht über Schwester Lioba aus dem Ursulininnen-Kloster in Hersel, bei der ich lange in einer Intervisionsgruppe war. Ich war so glücklich, dass ich mir immer alles leisten konnte, denn die TZI-Organisatoren achteten darauf, dass auch Gering Verdienende Stipendien bekamen oder niedrigere Preise zahlen konnten. Ich fühlte mich dennoch in der Minderheit neben all den Lehrern und Theologinnen.

Später mehr…