Liebe kontemplativ schreibende, lesende, lebende Leute, liebe Freundinnen und Freunde!

Grüße, Wūnsche für das Neue Jahr waren schon im Februar, als ich begann, diesen Brief an Euch zu schreiben, sinnlos geworden: Schließlich war Mariä Lichtmess vorgestern, und einige Besorgnis erregende Vorgänge wollen – nolens volens – beachtet werden, die Anfang 2025 zwar schon in der Luft lagen, aber jetzt ihre braune Erdenschwere unübersehbar machen. Mein Arbeitstempo ist verlangsamt, und das nicht nur wegen der langsamen Heilung des in Mar de Jade/Mexico ( während des Rohatsu-Sesshins mit Norman Fischer gebrochenen und operierten Schlüsselbeins), sondern auch wegen all dem, was zu verarbeiten ist – WENN es zu verarbeiten ist. – Ich habe dann nicht weiter geschrieben, weil ich gefühlt einfach noch ungefüllte Zeit brauchte, ich mich durch eine Frühlingsgrippe lange beeinträchtigt fühlte, und, kaum war diese am Abklingen, hatte mich der Noro-Virus erwischt. Doch nun, nach einem guten Vierteljahr, scheint es bergauf zu gehen. Ich lasse die Eintragungen weiter unten unter ihrem Original-Datum stehen.

Wie wir wissen, ‘Intuitives’, ‘Freies’, ‘Kontemplatives’ Schreiben hilft beim Verarbeiten, genauso wie Lesen in diesem Modus, wie Spazierengehen, Musizieren, ins Museum-Gehen in diesem Modus. Übrigens auch Sprechen und Zuhören. Leicht gesagt, – für viele von uns – schwer getan.

Was meine ich damit?

Das Stichwort ist Absichtslosigkeit, ich kann es nicht oft genug sagen, oder auch ‘freies Umherschweifen’ oder auch ‘spielerisch da-sein’. Was übrigens auch dann geht, wenn wir durchaus ein Thema haben und nur eine begrenzte Zeit. Obwohl,ich dazu rate, grundsätzlich nur zu einem Thema zu schreiben, was mich anmacht, interessiert, funktionieren meine Hinweise auch, wenn das Thema nichts davon bereit hält, mich kalt lässt. Dann verwende ich es als Sprungbrett, als Tor, als Kahn.

Viele Menschen sprechen und lesen unter hoher Beteiligung ihres Gehirns. Sie üben Druck auf dieses aus und erwarten Ergebnisse: Du musst hinterher eine Zusammenfassung schreiben können, und zwar eine nach seltsam erwartungsvollen Kriterien, die niemand benennen kann. Wenn Du mit jemandem sprichst oder ihr zuhörst, musst du in der Lage sein, danach ein wahrheitsgemässes Protokoll anfertigen zu können, obwohl das Gespräch geheimgehalten werden soll. Also, wo und wann haben wir uns das eigentlich angewöhnt, Sprechen, Zuhören, Lesen, Schreiben anstrengend zu finden?

Falls eine von den genannten Beispielen auf Dich zutrifft: Probiere doch mal aus, wie es sich anfühlen würde, Du würdest fast genauso entspannt sitzen oder laufen, als wenn Du alleine wärst. Und Du würdest der anderen Person lediglich mitteilen, was für Dich offensichtlich und vielleicht Interesse weckend ist: Dein linkes Knie schmerzt wieder. Der Turm dort hinten erinnert Dich daran, dass Du dort mal in einem Konzert gewesen bist. Du teilst das mit. Du bist offen dafür, was der andere Mensch daraufhin sagt. – Was schreibst Du abends in Dein Tagebuch, falls Du eins führst?

Die Verheißung ist: Du kannst ein Kontemplatives Leben führen, ab jetzt. Wo immer Du bist. Kontemplation lässt Raum für innige Betrachtung und Resonanz. Deine Schwingungsfähigkeit nimmt zu, und Schwingung ist Lebendigkeit. Empathie ist Mitschwingen-Können. Und noch viel mehr, zum Beispiel auch mit sich selber Schwingen lernen im Zuhören eines anderen. Den Ort spüren, um die Begrenzung der Zeit wissen, die Werte, auf denen denen mein Anteil am Gespräch fußt, verinnerlicht habend. Das kontemplative Leben lässt Raum für Gott. Sein oder ihr Wirken. Sabbaticals fallen mir ein, die sich die Lehrerinnen, mit denen ich befreundet war, genommen hatten. Ich begann, mich für den Sinn des Shabbat zu interessieren und experimentierte damit, manche Samstage als Shabbat-Samstag zu deklarieren, an denen mehrmals meditiert und nicht gesprochen wurde.

KALLIOPE beginnt, mich wieder zu interessieren, diesmal als die Wissenschaftlerin und Weise, die sie auch gewesen ist. Wird sie, die sich ein mehrjähriges Sabbatical gegönnt hat, auferstehen und mich und andere Menschen in meiner letzten Lebensphase begleiten? Nach achtzehn Jahren, was genau sieben Jahre her ist, meldet sich die Muse wieder.

5.3.2025

Ich befinde mich immer noch im Um-Bruch, von dem meine Schulter zeugt. Die Knochen und zusammen genähten Bänder des Schlüsselbeins sind wohl befriedigend zusammengewachsen, was ja immer wieder ein Wunder der uns innewohnenden Resilienz ist. Bewegen, belasten des linken Armes geht wieder, gestern und vorgestern trug ich jeweils einen vollen Rucksack, meine Freunde so entlastend. Kartoffeln, Äpfel, Sojamilch, Bananen, Blumenkohl -, daneben immer das schwere iPad, weil ich ohne einfach nicht mehr unterwegs sein mag. Wenn ich nicht wenigstens AB UND ZU direkt in den Computer, statt in mein Tagebuch schreibe, was näher am Körper, näher an meiner Intuition ist, dann werde ich nie eine Chance haben, Texte getippt und damit entweder in meinen Blog als Artikel oder sonst wohin zu bekommen. Virginia Woolfe ist immer noch aktuell. Sie hat zusammen mit anderen schreibenden Frauen die Frauenschreibschule maßgeblich inspiriert (z.B. Ruth Klüger, Barbara Frischmuth) setzten sich für weibliches Schreiben ein, das inzwischen auch bei jungen, beweglichen Männern angekommen ist, die sich die Betreuung ihrer Kinder mit den Müttern wirklich teilen, die das Familieneinkommen und freie Zeit auch wirklich teilen. Denn die schreibende Frau braucht “ein Zimmer für sich alleine und 500 Pfund im Monat”, schrieb unsere kreative, geniale und leider depressive ältere britische Schwester Virginia. “Shakespeare’s Schwestern” sollten wir werden können, war und ist unsere gemeinsame Leidenschaft.

Inzwischen waren Wahlen in Nord-Amerika und in Deutschland. Die Rechten auf beiden Seiten des „Großen Wassers“ brauchen nicht mehr neidisch und besorgt auf die unkontrollierbaren kreativen Menschen, die Frauen, die Leben verbunden mit Liebe und Sexualität üben, wirklich ganzheitlich zu leben: Das lässt sich nicht in Paragraphen pressen, sondern ist dringend zur Nachahmung empfohlen. Fühlen, was zu fühlen ist und selber denken, den ganzen Körper mitreden lassen, Kinder, die Erde und ihre Geschöpfe mitreden lassen – das ist eine große Herausforderung für bequeme Geister, die sich dem Strom ständiger Veränderung schon gerne mal dreist in den Weg stellen und ein Stopp-Schild, eine Mauer, einen Zaun bauen müssen. BürgerInnen-Beteiligung an wesentlichen Entscheidungen wie Kriegsertüchtigung und das Aktivieren moderner Mediationsverfahren, Täter-Opfer-Ausgleich, geduldiges Aushandeln von “lebendigen Kompromissen” (nach Prof. M.L.Moeller), war einmal. Hitler wird aus der Mottenkiste hervorgeholt, Marionette seiner eigenen Zwangsvorstellungen, arg verstaubt und zerknirscht wegen des feigen, kollektiven Selbstmords, ist er einigen zur Quelle von Inspiration zu Lüge, Schande, Drohungen und offenem Sadismus geworden. Lust am Quälen von Wesen sagt nichts anderes als dass mann oder frau anders nicht in der Lage ist, Lust zu empfinden. Ja, Lust. Ich weiss, wovon ich spreche. Für die meisten Frauen eine niederdrückende Ansage wie für Selberdenkende und alle Künstler und Versehrten. Auch den Mittellosen wird es wieder an den Kragen gehen, dann kann man sich so stark fühlen, nicht wahr.

Das war die Diagnose – und WAS IST DIE MEDIZIN? Jetzt folgen ein paar Vorschläge:

Warum Zen?

Ich kenne keine andere Art der stillen Meditation, die so tiefgreifend ist und wirkt und dadurch zu Deinem Leben wird, wenn Du ihm die Möglichkeit dazu einräumst. Irgendwann verstehst Du, dass das Geheimnis darin besteht, ganz Du selber zu werden bzw. zu sein. Das wiederum können wir nicht machen, nicht kontrollieren, sondern nur geschehen lassen. Dafür jedoch müssen wir uns selbst entfernen.

Warum Schreiben?

Für manche Menschen, wie für mich, hält das freie Schreiben Überraschungen bereit, die mich beleben, erstaunen, führen und tief berühren. Oft berühren meine Texte oder eine Zeile auch andere. Heilsames Schreiben hat heilendes Potential, macht uns vollständiger, webt an der Einheit von Wahrheit, Schönheit, Liebe. Wie das geht, muss man nicht wissen, man muss es nur machen, nur wagen. Das Wagen will geübt sein.

Warum Gruppen?

Schreibgruppen? Die Erkenntnisse, wie wir in Gruppen über uns und einander gewinnen können – damit meine ich gute geleitete Gruppen, in denen Vertrauen und Sicherheit groß geschrieben werden und jeder Text sowie jede Teilnehmerin/jeder Teilnehmer in seinem/ihrem So-Sein gewertschätzt wird. Wo der Rotstift keinen Platz hat. Solche funktionalen Gruppen (beloved community) können uns unsere Schädigungen aus den meist dysfunktionalen Gruppen der jeweiligen Ursprungsfamilien erkennen  und unsere engen Grenzen erweitern helfen.

Warum Zwiegespräche?

Michael Lukas Möller und seine zweite Frau Celia Fatia sind zu recht vor allem mit den Büchern “Die Wahrheit beginnt zu Zweit”, “Die Liebe ist ein Kind der Freiheit” und “Wie alles beginnt” bekannt geworden. In diesen Büchern klären sie über Mythen einer idealen Partnerschaft auf, bieten jedoch gleichzeitig das sehr brauchbare und bewährten Modell des „Wesentlichen Zwiegesprächs“ an, das zur Verlebendigung der Beteiligten und der Partnerschaft führt, sofern es dem Paar gelingt, beidseitig „Ja“ zu dem Projekt zu sagen.

Das Zwiegespräch schützt nicht vor einer Trennung. Aber, wie Prof. Moeller immer wieder sagte, der auch wissenschaftlich forschte. Von der ersten Trennungsabsicht an hat das Paar, bei regelmäßig geführtem Zwiegespräch, gute Chancen, noch zwei Jahre und länger zusammen zu bleiben. Sollte sich jedoch herausstellen, dass Trennung der einzig begehbare Weg ist, dann verläuft die Trennung leichter und wertschätzender, wenn das Zwiegespräch weitergeführt wird. Ich habe das aus erster Hand gehört, an den Wochenenden im Melanchthon-Haus in Köln, als Paare auf die Bühne gingen, um zum Beispiel über diesen Sachverhalt Zeugnis zu geben. Das ist nicht für die beidseitige Elternschaft kostbar, die ja erhalten bleibt und oft genug leidet, sondern auch für „inneren Kinder“ der beiden Partner.

Inzwischen wird das „Zwiegespräch in der Mediation“ erfolgreich eingesetzt, wofür sich besonders Prof. Maaz einsetzt. Spätestens im Jahr 2026 werde ich beginnen, auch hierzu Angebote zu machen: Die Welt hat es bitter nötig, konstruktive Dialoge zu erlernen.

31.3.

Manche Menschen machen keine Fehler, sie scheinen keine zu machen oder zu haben. Ich hingegen mache immer wieder welche. Manchmal, im Rückblick, scheine ich beinahe extra etwas getan zu haben, was Zweifel an meiner Integrität hervorrufen könnte. Beispiele: Mit diesem Brief und vor allem mit den aktuellen Terminen so lange zu warten. Mein Angebot am Montag Vormittag “Masterclass” zu nennen. (ist sie jetzt völlig übergeschnappt?). Meine Webseite fast ganz zu schließen und sie einfach nicht wieder in Gang zu setzen.

Dabei gehört alles irgendwie zusammen. Man wird es kaum glauben, aber ich weiß noch genau, wie der Begriff Masterclass zustande gekommen ist. Ich machte seit mehreren Treffen im Grundmannhaus eine Wiederholung des zwei Jahre lang Geübten. Wir erinnerten uns daran, mit welchen Krankheitsgefühlen und konkreten Hindernissen zwei aus der Gruppe mehr oder minder begonnen hatten zu schreiben. Wie schnell wir zum Punkt kamen, zu Schmerzpunkten, zu heilsamen Metaphern, die ihnen wie zugeflogen kamen, wie unsere schriftlichen Resonanzen den Vortragenden halfen, sich neu und tief gesehen und gehört zu fühlen.

An einem der Vormittage erfuhr ich, wie nebenbei, nach der obligaten und geschätzten Meditationsrunde, und dem darauffolgenden, eher kurzen Kreisgespräch (“Wie klang unser letztes Treffen in mir nach? Habe ich bei irgendeiner Gelegenheit meine “innere Künstlerin” wahrgenommen und woran habe ich sie erkannt? Gab es einen besonderen Hoch- oder Tiefpunkt? Welchen?“), dass zwei aus der Gruppe als 100% behindert eingestuft waren. Ich war geschockt, weil ich das noch nicht wusste, sah die geschriebenen und gehörten Texte an meinem inneren Auge vorbeiziehen und hörte mich plötzlich sagen, voller Bewunderung:“ Ihr meistert Eurer Leben! Ich werde das Angebot ‚Masterclass‘ nennen!“

Heute weiß ich, dass ich dieses Füllhorn-Angebot, das prozessbegleitend laufen soll, mit jeweils 6-8 14-tägigen Terminen, anders nennen werde, dass jedoch der Begriff von Meisterinnen- und Meisterschaft und Hoher Lebenskunst mit Sicherheit von mir aufgegriffen wird.

Warum Kreisgespräche?

Kreise habe eine haltende Kraft, eine ästhetisch wohltuende Form, eine ur-demokratische Geometrie, die niemanden höher oder niedriger stellt als andere, bei der alle alle anderen sehen können. Wenn die Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine bestimmte Anzahl übersteigt,  sind ein Innenkreis mit Außenkreis denkbar, in dem “auf Lücke” gesessen wird. Ich bin für klare Leitung, besonders bei emotional aufwühlenden Themen, da die Gruppe Orientierung, Sicherheit sucht, während Vertrauen aufgebaut wird. Früher, als die Frauenschreibschule Kalliope blühte (1999-2018), hatte ich öfter Hospitantinnen oder Assistentinnen. Auch später noch, während der Poesiepädagogischen Ausbildung PPA+, die ich nach zwei Durchgängen mit Zertifizierung nicht mehr fortsetzte, hatte ich mir stufenweise Assistenz vorstellen können. Aber so ein längerer Trainings ist mir, zumindest wenn es sich Poesiegruppenpädagogik handelt, zu anstrengend geworden.

Council ist eine Sonderform des Kreisgesprächs, mit fünf zu beachtenden Richtlinien. Die ersten Weiterbildungen in Council machte ich in drei sog. Auschwitz-Zeugnisgeben-Retreats, die dem Retreat vorgeschaltet waren und eineinhalb Tage dauerten. Council stärkt die Container-Funktion des Kreises, der Gedeih- und Wachstumsraum ist, wie eine Gebärmutter. Fleet Maull Roshi war mein Council-Lehrer. Ein Tag lang betreute uns auch der Leiter des Centers für Council in Los Angeles, Jared Seid. Ich schätzte diese Fortbildung sehr, denn wir TeilnehmerInnen aus aller Welt lernten einander tiefer und anders kennen als während des Retreats.

Bei einem fünftägigen Retreat kommt man täglich, Di bis Fr, zu den Morgen-Councils in den familiären Kleingruppen vor dem Frühstück zusammen. Es wurde darauf geachtet, dass die Mischung der Gruppe möglichst optimal divers war: Eine Kleingruppe umfasste zwischen sieben und maximal zwölf Teilnehmer*innen, von denen eine oder einer jeweils Polnisch, Jüdisch, Deutsch, Palästinensisch (falls anwesend), Belgisch usw. war.

Abends fanden in der Retreat-Woche meist jeden zweiten Tag Councils mit allen statt, die unterschiedliche Formen haben können: „Spiral Council“, wo jeweils eine kleine Gruppe in der Mitte des großen Kreises spricht, und man spiralig den Kreis verlässt, um jemandem aus dem Außenkreis Platz zu machen, fand ich äußerst spannend. Aus dem Herzen zu sprechen, hört sich leicht und etwas kitschig an, ist jedoch eine Hohe Kunst, die geübt werden will. „Man wird heimgesucht von Angst, sich selber nicht zu mögen, mit dem, was man gleich sagt oder gesagt hat, oder der Angst, die anderen könnten einen ablehnen. Letztlich ist des jedoch eine hoch befreiende und befriedigende Übung in gemeinschaftsbildender Arbeit.

Es ist inzwischen OSTER-MONTAG geworden. Ich lerne, mich nicht mehr künstlich anzustrengen. Frühlings/Osterbrief ist jetzt erst fertig..

Heute habe ich noch drei interessante Angebote aufgeschrieben, die noch unter „Aktuelles“ gesetzt werden müssen. Hoffentlich sehen wir uns bald – hier oder da!

Wenn Du dem everydayzen Tempel ein Geldgeschenk machen möchtest: Er kann es sehr gut gebrauchen und freut sich, als wäre die Nonne Jion mit einer Bettelschale unterwegs, über alles, was rein kommt. Am Freitag geht es auf nach Krakau und Auschwitz.

PayPal ist gut, und die Kontodaten findest Du unter „Kontakt“ auf der Website.

Von ganzem Herzen!

Mögen alle Wesen Frieden kennen.

 

Eure Monika