Liebe Freund*innen der Meditation, der Kontemplation und des interreligiösen /-spirituellen, interkulturellen Miteinanders!
Erst einmal möchte ich meine Wertschätzung dafür ausdrücken, dass viele von Euch Geld gespendet haben oder anders ihre Ermutigung ausdrückten. Oder einfach dabei waren, als wir miteinander die Stille, Probleme und Einsichten mit unserer Praxis, aber auch Sorgen um uns und andere, Ängste, Verwirrung und mehr teilten, während die Pandemie mit ihren Erfordernissen mehr Raum einnahm bzw. wir sie langsam begannen zu integrieren: Als Teil unseres neuen Lebens anzusehen, vielleicht auch zu akzeptieren.
Rein optisch und physisch hat sich das Neue daran gezeigt, dass seit neun Wochen oder zehn niemand mehr außer mir selber im ‘Kleinen Tempel’ saß. Wie überhaupt, da ich alleine lebe, sehr wenige Menschen meinen Wohnraum geteilt haben, für kurze Zeit. Meine freundliche, junge Nachbarin Nina war einige Male da, unser zuvorkommendes Gruppenmitglied Aennie hatte auch, wie Nina, für einige Wochen für mich eingekauft, und meine liebe Tochter Lisa half mir ebenfalls über Wochen hinweg, in denen ich mich als Risikogruppenmensch begreifen lernte. Irgendwann war ich’s leid und musste einfach beginnen wieder für mich selber zu sorgen, ja, entdeckte und schätze den Wert und die Freude darin, dies überhaupt zu können. Ich bin Euch so dankbar, Lisa, Nina und Aennie, dass ich mich verkriechen konnte vor den Massen im Supermarkt und mich schützen und wirklich physisch isolieren und entspannen konnte.
Warum schreibe ich das hier auf, etwas, das Ihr alle kennengelernt habt, mehr oder weniger selbstverständlich (“Home Office mach ich schon lange” oder “Endlich habe ich mal wieder Zeit für Liegengebliebenes”) oder schmerzhaft und sehnsüchtig? Mir hat die Frühlings-Sesshin-Zeit (Spring-Practice-Period-Sesshin)im Upaya Center, mit Joan Halifax, vom 2.-25. April sehr dabei geholfen, meine Tage neu, gesünder und vor allem ausgerichteter zu strukturieren, Gemeinschaft zu erleben, Erkenntnisse und die Praxis zu vertiefen. So wie es den Residierenden im Upaya Zentrum ging, dass sie nämlich in kurzer Zeit alles gaben, um das umfangreiche und anspruchsvolle Programm auf Online-Angebote umzustellen und dennoch genügend Spenden und Gebühren zu generieren, so ging es mir auch. Ich habe gelernt, mit WhatsApp-Gruppen zu meditieren und im Kreis zu sitzen, sogar bei sog. Zazenkais (Zen-Übungstagen) Skype zu nutzen, bei mehrtägigen Schreib-Retreats oder auch Coachings am Telefon oder mit den Computern, wie gewünscht, Treffen abzuhalten, und mit sehr ähnlicher Intimität und Tiefe, Leichtigkeit und Freude, wenn es angesagt war, als wenn wir persönlich miteinander und gegenüber gesessen hätten. Gehmeditationen und Körperübungen machte dabei jede*r für sich, um gestärkt und durchlüftet an den Bildschirm zurückzukehren. Das, was an Zoom – das ich jetzt auch gelernt habe- anstrengend ist, gleicht sich dadurch wieder aus, dass wir keine Sorge um Ansteckungsgefahren haben müssen.
Natürlich fand ich die Balance anfangs schwierig, als ich am Frühlings-Sesshin teilnahm: Woran könnte ich teilnehmen, ohne meinen inneren Rhythmus völlig zu übergehen, bei acht Stunden Zeitdifferenz? Nachdem ich mich einige Male aus purer Neugier, interessante Frauen kenne zu lernen, sie sprechen zu hören, übernommen hatte, lernte ich, auf meinen Körper zu hören und mich aus- und wieder einzuklinken. Die Organisation war perfekt, wenn ich morgens aufstand und an den Rechner ging, fand ich meist schon den Podcast des – für mich – in der Nacht gehaltenen Dharma-Vortrags. Das Thema der gesamten Wochen war: “Die Ahninnen/ Matriarchinnen des Buddhismus” – Es war erhellend und aufregend, Neues zu erfahren von den Autorinnen Florence Caplow, Susan Moon (mir ihr hatte ich vergangenen Herbst schon Kontakt), Grace Shireson und einer Reihe von anderen Buchautorinnen und Zen-Meisterinnen/-Lehrerinnen, die ihre Frau stehen und forschen in Beruf, Zendo, Beziehungen. Ich bin unglaublich dankbar für diese Wochen und vermisse die strukturierten Angebote und Gefährten*innen.
Das I. und 5-tägige Modul des “Mindfulness Teacher Training Kurses” mit Christopher Titmuss und Ulla König fand ich ungeheuer spannend, auf- und anregend, auch wegen der Gruppenarbeit, die Bestandteil der Ausbildung ist. Jedoch erkannte ich nach dem Modul, dass ich die Ausbildung nicht weiter machen würde, was ich sehr interessant und berührend fand. Hatte ich vorher zum Teil starke Zweifel am Zen – obwohl ich es meist getreulich weiter praktizierte und Einführungen anbot, so sehnte ich mich regelrecht nach den Sutren, Glocken, Niederwerfungen und “Vier Großen Gelübden”. Gestärkt und hoch-motiviert kehre ich nun umso intensiver zur Zen-Praxis zurück.
Was mich beglückt: Vieles. Darunter ein Online-Facebook-Kurs mit dem Haiku-Meister Clark Strand. Zu vier Wörtern in vier Wochen zum Thema Frühling haben wir Haikus geschrieben und allen aus der Gruppe zum Lesen gegeben. Sehr gefreut habe ich mich, als ich während einer Woche zum Thema “Frühlingsregen = Spring Rain” zu den vier besten der Gruppe von Clark ausgewählt wurde. Die ausgewählten vier Haikus werden von ihm eingehend besprochen, so dass wir langsam hineinwachsen können in diese vielschichtige Kunst.
Spring Rain – HAIKU
The white cloud fell and
took rest in the pond down there.
Spring rain has your eyes.
Es ist klar, dass eine Übersetzung ins Deutsche nicht möglich ist, jedenfalls nicht unter Wahrung der Form 5-7-5 Silben. Das Deutsche braucht viel mehr Raum als das Englisch. Nur eine Neuschöpfung wäre vielleicht möglich.
Was mich sonst beglückt
Unsere Gruppe, deren Kern seit bald drei Jahren miteinander sitzt, wächst zusammen, nicht zuletzt weil kreative Ideen eingebracht und verwirklicht werden. Angefangen hatte alles mit der Tatort- Meditation, die als Alternative zum “Tatort”-Gucken Sonntags abends gedacht war. Schon nach dem ersten Treffen wurde klar, dass wir mehr Zeit bräuchten, um das Thema, das uns am Herzen liegt, zu erforschen: Frieden in uns und unseren Beziehungen zu schaffen. Inzwischen hat es sich dahingehend entwickelt (und wir haben seit einigen Monaten nur einen Sonntag ausfallen lassen müssen, wegen mir): “Zen und Beziehungen: Den Schmerz überwinden, der zwischen uns steht. – ONLINE.  Wir sitzen Zazen, gehen, sitzen kurz, chanten und üben dann, unseren hauptsächlichen Schmerz zu formulieren und diesen in einen Satz zu verwandeln, der “Liebende Güte” ausdrückt und mit dem wir dann die gesamte folgende Woche, oder länger, arbeiten.  Die Gruppe hört tief zu und hilft beim Formulieren und Neufassen.
Derzeit: meist 14-tägig. 19:30-21:30. Hinterher kann freiwillig noch miteinander gesessen werden.
Termine: 7., 21. Juni.  5. Juli. 2. August.
Etwas länger existierte schon die Cappuccino-Meditation: Wir hatten das Vergnügen noch geteilt, persönlich einige Male dieses kostbare italienische Schaum-Getränk in der Pause zwischen Zen-Praxis und Council-Kreis zu uns zu nehmen. Als die Pandemie ausbrach wurde sie verbindlicher, die Zen-Übung am Freitag: Wir beschlossen, sie regelmäßig zu machen und so ausgedehnt wie möglich, um einen Rhythmus zu finden.
Herausgekommen ist dies: Zen-Koan-Studien: Freitags, bis auf Weiteres, 7:30-11:00. Sitzen-Gehen-Sitzen-Chanten. Das Räucherstäbchen zünde ich an und chante, bevor sich die anderen dazu schalten. Man sollte das ändern, damit diese Handlung sichtbar wird, denke ich.
Wir sind dabei, eine Liturgie zusammenzustellen, in der das Herz-Sutra seinen Platz erhält, und wir könnten die Ahninnen Linie ebenfalls aufnehmen.
Nach der Cappuccino-Pause und bevor wir trinken, widmen wir die zu trinkenden Schlucke, in vier Schritten: 1. Den unterversorgten Orten in mir. 2. Den unterversorgten Orten in der Welt. 3. Der erwachten Natur aller Wesen. 4. Konkreten Wesen, die mir am Herzen liegen.
IM COUNCIL: Wir lesen ein Koan/ eine Fallgeschichte aus dem Buch: “DAS VERBORGENE LICHT – Weisheitsgeschichten erwachter Frauen”, hrsg. von Florence Caplow und Susan Moon. Wir schreiben dazu intuitiv, lesen es vor im Kreis und antworten auf die Fragen am Ende des Kommentars im Buch. Dann hören wir den Kommentar einer zeitgenössischen Dharma-Lehrerin. Was uns besonders bewegt, nehmen wir mit in die Woche.
Termine: Fällt aus am 19.6.
Wer das internationale Zusammensein liebt, wird vielleicht auch das brandneue Angebot lieben, das ich mit Maika Vuori, einer Lutheranischen Pfarrerin aus Helsinki, mache. Sie ist außerdem Gründungsmitglied der Peacemaker Finland, und wir haben uns im vergangenen November in Auschwitz kennen gelernt und in Krakau einige Stunden ununterbrochen geredet, bevor sich unsere Wege getrennt haben.
Ich frage Maika eines Tages, ob die nicht Lust habe, mit mir ein interreligiöses Projekt anzubieten, einen Council-Gesprächskreis, wozu sie begeistert Ja sagte. Am vergangenen Sonntag fand der Kreis zum ersten Mal statt, von 16:00-18:30, online auf jit.si, einer sicheren und preisgünstigen Platform, mit acht Teilnehmern aus 4 Nationen: USA, Deutschland, Israel, Finnland. Wir fanden es, so habe ich wahrgenommen, wohl alle sehr bewegend und großartig.
Bis August stehen unsere Termine fest, fast abwechselnd Donnerstags vormittags und Sonntags nachmittags.
BELONGING IN CRISIS: Sacred Listening Circle – ONLINE
 – INTERRELIGIOUS – INTERCULTURAL – INTERNATIONAL –
Free offering. Donations will be accepted.
Dates:
Thursdays: 4., 18. Juni. 2., 16., 30. Juli. 9:00-11:30 CET
Sundays: 28. Juni. 12., 26. Juli. 9., 30. August. 16:00-18:30 CET
Name of the room: belongingincrisisslc
Bring a friend. A candle, a lighter, a talking-piece. Bring your heart.
Structure: Welcome and intro – Guidelines of Council – Seated Meditation – Opening of the Council with dedication – Sharing from the heart – Inviting being we are caring for, worryng about – Prayers, Poems – Closing the Council with dedication.
Zen-peacemaking-Kreis
Roma & Sinti: Besinnungs- und Reflexionstag: Seit Langem ist eine Pilgerfahrt nach Heidelberg ins dortige Dokumentationszentrum für Sinti & Roma geplant. Aufgrund der Pandemie nun aufgeschoben.
Termin: 6. Juli 2020, 10-17 Uhr.
Sitzen-Gehen-Sitzen werden auch hier Bestandteile der Übung sein. Vielleicht findet alles draußen statt, mit gebührendem Abstand.
Bitte melde Dich an unter: 0163/2695423.
Bringe bitte ein Tagebuch mit, Tuch/Decke, und gute Schuhe, Proviant, Wasserflasche, eventuell sind wir unterwegs.
Unsere Übung zu verkörpern, unsere Fürsorge praktisch umzusetzen, das ist der Weg.
Eure Monika Jion
Literatur:
Freitags:
Das verborgene Licht – 100 Geschichten erwachter Frauen, aus 2500 Jahren, betrachtet von (Zen)-Frauen heute. Hrsg. von Florence Caplow, Susan Moon
Sonntags:
Marshall Rosenberg: Den Schmerz überwinden, der zwischen uns steht.
Ajahn Brahm: Öffne die Tür zu Deinem Herzen
Sister Chan Kong: Beginning Anew – Four Steps to Restoring Communication
Für alle Council-Kreise:
Jack Zimmermann, Virginia Coyle: Der große Rat – Das Council – mit dem Herzen hören und sprechen, den Kreis erweitern.
Neu:
Norman Fischer: The World could be Otherwise
Eve Marko, Wendy Egyoku: Householder Koans
Klassiker:
Bernhard Glassman: Anweisungen für den Koch