Tempel-News: Termine zum letzten Mal öffentlich

Termine bis 31.12.2021 noch hier.

Ein so unglaublich reiches Jahr liegt hinter mir, vielleicht auch hinter uns. Ja, warum sollen wir nicht im November beginnen, zurückzuschauen und uns zu wundern?

Meditieren im kleinen Tempel

Die (fast) täglichen Zazen-Angebote morgens, die in den ersten Monaten des Jahres noch regelmäßigen, wöchentlichen Zazen intensiv-Sitzungen, mit Koan-Councils und „Cappuccino“(Trink)-Meditation haben uns über die letzten Lockdowns getragen und den entsprechenden Kummer, der mit diesen Einschränkungen einherging, eingeschmolzen. Die Metta-Übung  „Tatort“, anfangs so begehrt, wurde weniger wichtig, fast alle der kleinen Gruppe engagierten sich schließlich in eigenen Programmen, bei denen es um Heilung von trennendem Schmerz in Beziehungen (vor allem gegenüber uns selber) geht. Examen wurden abgelegt und bestanden, kleine und größere Umzüge standen an, ein Baby wurde geboren, und die Kontinuität unserer Gruppe kam ins Wanken. Da waren die unverkennbare Freude am Zusammenhalt und daran, einen Ort zum ehrlichen, tiefen Austausch zu haben. Die Lust, selber zu passenden Zeiten zu meditieren,  auch selber Meditation, Yoga, Begleitung anzubieten, war groß und wurde spürbarer.

Ich befinde mich in den letzten Tagen meiner dritten Praxis-Periode, genannt „Ango“, die ca. von Mitte September bis Ende November geht und ein 5-tägiges Sesshin einschließt, mit je einem Ganztags-Sitzen beginnt und aufhört und uns zu einem ‚Mehr und Tiefer‘ an Studium und Übung veranlassen möchte. Wie Ihr wisst, sitze ich mit Zoketsu Norman Fischer und der Sangha www.everdayzen.org. An derem täglichen 30-minütigen Sitzen, das um 16:30 MET stattfindet, kann jede:R ohne Anmeldung teilnehmen. Diese Gruppe, geleitet von drei Ältesten (Priesterinnnen, angehenden Priestern) ist ein Wunder an Kontinuität, an Stabilität, für das ich, neben vielem Anderen, sehr dankbar bin. Ich habe während des Sesshins gespürt, dass für mich eine Vertiefung der Praxis, der Übung dran ist. Ich möchte die in jener Sangha verwendeten Chants an passenden Stellen im Ablauf selber anwenden, üben, auswendig lernen. (Einige wie das Herzsutra, die Vier Großen Gelübde, seltener: ‚Enmei Jukku Kannon Gyo’ praktizieren wir ja von Beginn an selber).

Das ist eine deutliche Veränderung. Wann genau und was genau: dazu mache ich mir noch Gedanken bzw. bespreche es. Ich kann Euch hier nur soviel sagen, dass ich an wöchentlich dreimal Zazen denke, am Morgen, vielleicht zweimal kurz und einmal mit Service. Service heißt: Gedenken der Kranken und Toten. (Das kann ich auch alleine machen). Inwieweit wir weiter mit den Koans aus dem Buch „Das Verborgene Licht“ arbeiten, ist mir noch nicht klar. Da ich nicht mehr so viele kurze Termine haben möchte, die ja alle kommuniziert und eingehalten werden wollen, denke ich über Zen-Tage nach, die die Koan-Gruppen-Arbeit beinhalten könnten. Es ist nicht so, dass Dharma-Workshops mit Interaktion, Kreisarbeit NICHT mehr angeboten werden sollen. Neu ist, dass ich persönlich meinen Soto-Zen-Weg ernsthaft üben und vertiefen werde, unabhängig davon, ob sich Weggefährtinnen und-gefährten einstellen werden. Ich sehe die Every-Day-Zen Foundation (everydayzen.org) als meine Hauptsangha und Norman Fischer als meinen Haupt-Lehrer. Termine werden künftig nur auf Anfrage verschickt (bitte unformell).

Eine sehr wichtige Sangha und deren Leiterin ist auch das Upaya-Center in Santa Fa mit Jiko Joan Halifax. Seit Jahren höre ich so viele Vorträge wie ich kann, verfolgte die Reisen von Roshi, die zum Thema: Sozial Engagierter Buddhismus gehören (Nach Nepal: Nomads-Clinic-Project, nach New York: Klima-Projekt rund um Jane Fonda). An dem Training „Sozial Engagierter Buddhismus“ (SEBT) nehme ich seit Februar diesen Jahres teil, es dauert genau ein Jahr, endet mit einer Abschlussarbeit und einem Zertifikat.

Ebenfalls gehört in diesen Teil meines Lebens mein sehr spontan gefasster Entschluss, an einem Training für Hospizhelfer:innen im christlich geführten Haus Rosental teilzunehmen. Als ich im September die Kontaktperson, Sozialarbeiterin und Hospiz-Koordinatorin Tabita Urdze anrief, begeistert von dem Angebot, sah es fast so aus, als würde es eventuell kaum oder gar nicht zustande kommen. Kurz: Es kam zustande, und wie! Wir üben mit zwölf hoch motivierten Frauen und vielen weiteren Terminen, die ich zum Teil nicht einhalten konnte.

Die Praxisperiode „Ango“ entwickelte sich zu einem ständigen Ringen um Balance und Angemessenheit, um auf verbindliche Weise „Nein-sagen“ zulernen, um flexibles Erkennen und Durchtragen von dem, was das Wichtigste jeweils war und um möglichst Null Schlamperei bei der Zen-Übung. (Dann sah es eben woanders schlampig aus!). Die strenge Form des Zen half mir, mich aufzurichten in dem, was mich niederdrückte, mich zu entspannen in dem angespannten Programm, auf Haltung und Form zu achten, wo mir nach Nachlassen war, und um Loslassen, wo mir nach Festhalten der Sinn stand. Und das alles, ohne hochmütig, starr und verbissen, barsch und grandios, oder niedergeschlagen und kleinmütig zu werden!

Rinzai-Zen-Tempel To Gen Ji im Lebensgarten Steyerberg

In diese Periode von fast drei Monaten legte ich einen Monat, den Oktober, in dem ich ein Einzel-Retreat machen wollte. Das hieß, keine beruflichen Termine, überhaupt wenig oder keine Ablenkung durch und in Beziehungen. Statt dessen: Sammlung, Einkehr, mehr oder länger Sitzen-Gehen-Sitzen als sonst, studieren, draußen sein und achtsam gehen, schreiben. Ursprünglich wollte ich mich einnisten in einem Bauwagen in To Gen Ji in Niedersachsen, und an den gemeinsamen Meditationen teilnehmen. Dies wurde mir zugestanden.

Mir ist daran sehr gelegen, die Choka Sangha und den Tempel To Gen Ji, im Lebensarten Steyerberg bei Bremen, unter der Leitung von Zen Meister Christoph Hatlapa, zu unterstützen. Christoph Hatlapa lehrt seit vielen Jahren Mediation und Gewaltfreie Kommunikation, beides in Ausbildungsgängen, beides für Frieden und Verständigung in unserer Welt unabdingbar. Ferner ist Permakultur fest verankert und wird ebenfalls gelehrt und gelebt. Kürzere und längere Aufenthalte im Tempel sind möglich, heilsam, lehrreich. Junge und alte Zen-Interessierte sind sehr willkommen, die Stille der Natur auf dem Gelände ist wohltuend und heilsam. Zen-Meditationsgruppen findet man in mehreren Städten, auch in Bonn. Die Zen Meisterin Katharina Weber hat vor, noch mehr Sesshins für Frauen anzubieten. Auch dies: Ein Plus, das für das Zentrum spricht.

Wir saßen in einer Kleinstgruppe, bestehend aus der Zen Meisterin Katharina Weber und ihrem Partner, auch ein Zen Meister, beim Essen und Arbeiten (viel Arbeit: Permakultur, Kochen, kleine Häuser Bauen…) und ein bis zwei Residierenden viermal am Tag, vorher und hinterher immer mit Wechseln der Kleidung. Das Anziehen des japanischen Anzugs aus Hose und Jacke musste gelernt werden, das heißt, insgesamt gingen für diese Prozedur plus Dokusan 3-4 Stunden/Tag drauf. Es hat mir aber große Freude bereitet. Leider war es mir überall schnell zu kalt und ich bekam eine Blasenreizung. Das Ofenheizen im Bauwagen entzückte mich, hatte jedoch, wie Ihr wisst, seine Tücken: Entweder zu heiß oder zu kalt, auf wenigen Quadratmetern, eine Mitte haben weder ich, noch der Ofen gefunden. Nacht habe ich im Wald gepinkelt. Romantisch, eindrucksvoll, herrlich, still, unvergesslich. Zum Schreiben völlig ungeeignet. Nach vier Tagen, in denen ich herzlichst behandelt wurde und oft in der Stille war, reiste ich ab, endlos an Bushaltestellen stehend, zu Beginn der Reise. Das Gute war, ich fuhr über Hannover zurück, schloss Rucksack und Schlafsack ins Schließfach ein, nahm am Ganz-Tages-Sitzen mit meinem Lehrer Norman Fischer teil, vom Hotel aus, und besuchte meine Mutter in Bad Nenndorf. Das, so fühlte ich, SOLLTE sein. Wieder zu Hause angekommen – meine liebe junge Nachbarin legte Post in meine Wohnung und schaute nach dem Rechten -, erblickte ich unter den drei Fenstern meines einzigen Zimmers einen Friedhof: Den Friedhof der Wespen. Zwei Wochen lang überließ ich das Zimmer, die Fenster den verendenden Wespen, die mich anrührten. Dann ließ ich das Nest aufspüren und entfernen von einem Kammerjäger. Die friedliche Koexistenz war an eine Grenze meiner Nerven gestoßen. Immer wieder schlüpften neue Wespen, die ihr Glück versuchten. Ich war irgendwie stolz, dass die meisten aus diesem Volk einen ihnen gemäßen Tod sterben konnten – unbedroht von mir oder von Pestiziden. Einen Tag danach stach mich die einzige Wespe, die noch überlebt hatte, vielleicht in einer Topfpflanze. Ich kann sie verstehen.

Mein Bauwagen, meine Zuflucht bei der Choka-Sangha im Lebensgarten Steyerberg

Das alles war und ist Praxis. Mir halfen: Fokus auf den Ausatem legen, Atembewegungen überhaupt wahrnehmen, Tonglen, Metta mir selbst gegenüber und dann ausstrahlend, schauen (kontemplieren), kontemplierend gehen, Fahrrad fahren, bewusst essen (wird immer besser). Morgens und abends dankend beten. Für andere beten. Mehr sitzen als sonst. Alles andere übersehen. Angst-Management, weil ich kein Geld verdiente im Oktober. Meine Schwester anhören, die eine Diagnose für Brustkrebs hat. Abends oder morgens nochmal Red Pine lesen. Über diese alten Lehren staunen – sie sickern ein wie Dharma-Regen eben langsam einsickert, manchmal schnell und jäh. Manche Vorträge von Norman habe ich zweimal angehört. Notizen machen. Ich habe großes Vertrauen ins Leben, in meine Übung, in unsere Übung erlangt. Das Sesshin war die Königsdisziplin. Ich freute mich auf 15 Uhr, da machte ich den Kleinen Tempel und mich fertig (Frisches Wasser, nochmal lüften, genug Saft im iPad?), und so saß ich zum zweiten Mal am Tag, von ca. 15:15 oder spätestens 15:45 bis ca. 22 Uhr. Meine amerikanischen Freundinnen und Freunde würden danach noch zweimal sitzen, bevor sie schlafen gingen. Ich habe mir das diesmal geschenkt, um morgens frisch zu sein, weil sich inzwischen die Emails und sehr wichtige Anfragen derartig gehäuft hatten (Techniker Krankenkasse, Künstlersozialkasse, Steuerberater, ganz zu schweigen vom Newsletter, der dringend gemacht werden musste, ganz zu schweigen von Quittungen und Emails-Beantworten). Fühlte sich das gut an? Nein. Und ja. Ich habe mich so weniger unter Druck gesetzt.

Gerade fällt mir noch ein: War ich nicht in Bosnien, schon in der Praxisperiode?

Ich habe mit dem Hotelbesitzer in Sanski Most gesprochen, dass ich am Samstag Abend einen ruhigen Raum suchte, um am Ganztags-Sitzen mit Norman teilzunehmen. Den ruhigen Raum bekam ich, aber WLAN reichte nicht bis dort. (No comment!). Die Bosnien-Reise, die ich gerne “eine moderne Pilgerreise” nenne, war in jeder Hinsicht aufschlussreich und nachdenklich machend, mit aufwühlenden menschlichen Begegnungen, großer Gastfreundschaft, einem zarten Umgang miteinander dank Vahidin und Timka Omanovic und einem großartigen Projekt: dem “Garten der Möglichkeiten”.

Das ‚Center for Peacebuilding’ in Sanski Most mit dem „Garten der Möglichkeiten“, einem großen Grundstück, auf dem nach den Lehren der Permakultur Gemüse angebaut und kürzlich Obstbäume gepflanzt wurden, wo Friedensarbeit gelehrt, trainiert und praktisch gelebt wird, ist unbedingt unterstützenswert. Die wenigen Unterkunftsmöglichkeiten sollen ausgebaut bzw. Winterfest gemacht werden und ein Seminarzentrum ist geplant.
Der Gründer und Leiter des Zentrums, Vahidin Omanovic, hat für dies Projekt einen wichtigen Preis des Auswärtigen Amtes erhalten. Wir können ihn und die jungen Frauen und Männer aus Bosnien, aber auch aus Kroatien und Serbien unterstützen, sich weiterhin bei der sehr anspruchsvollen Friedensarbeit in ihrem geschundenen und immer noch politisch fragilen Land gesunde und langfristige Perspektiven aufbauen zu können. Wenn Sie möchten, nehmen Sie Kontakt auf, fahren Sie hin, die Gastfreundschaft und Neugier ist umwerfend, und SPENDEN SIE!

 

Während ich hier sitze, in meiner winzigen, warmen Küche mit Blick auf die wunderschöne Elisabethkirche hinter nackter werdenden Bäumen, spüre ich diese Segnung des kontemplativen, intuitiven Schreibens. Schauen ist anders als Sehen ist anders als Starren und Festhalten. Es gibt, wie ich schon oft sagte und schrieb, die Kunst eines loslassenden Schreibens, aus dem ganzen Körper heraus. Nicht ein lässiges Schreiben, aber ein gelassenes, für das ich viel Übung gebraucht habe, denn schließlich verändere ich hinterher fast nichts (was oft ein Nachteil ist, aber mein Risiko). Ich stehe ein für Improvisation, auch beim Schreiben, gerade beim Schreiben, der am Stärksten zensierten Kunst von den Künsten des Ausdrucks in Deutschland.

ICH SUCHE ERNSTHAFTE INTERESSENTINNEN UND INTERESSENTEN, MIT MIR ZEN ZU PRAKTIZIEREN. Bitte frage nach, welche Angebote es gibt. Ich werde diese nicht mehr, jedenfalls für eine Zeit, auf meine Webseite stellen. (0163/2695423)

DASSELBE GILT FÜR DIE ZEN PEACEMAKER-AKTIVITÄTEN. Da wir im Februar das SEBT-Training abgeschlossen haben werden, könnt ihr damit rechnen, dass wir dich demnächst einladen, mit uns zu sein. ALLE NÄCHSTEn NEWS NUR AUF ANFRAGE. (0163/2695423)

WIR RUFEN DICH UND HUNGRIGE HERZEN!

Eure
Jion