Was ist das: Spielen? Woran denkst du als Erstes? An dich selbst als Kind, selbstversunken in einer Welt, die nur du sehen konntest, du und dein Bruder vielleicht, eine Spielgefährtin, unempfindlich gegen Kälte, Hitze oder Durst?

An Ballspiele draußen, alleine und mit anderen, oder Kletterspiele, Rollerfahren, Schlittschuhlaufen? Fallen dir Spielabende ein, mit Halma, Mau-Mau und Mensch ärgere Dich nicht? Gemeinsam musizieren, basteln, Kissenschlachten und verstecken?Beim Spielen gerät etwas in uns in Bewegung, in Schwingung, wir lassen uns ein: auf einen Sprung ins Unbekannte, eine Interaktion zwischen mir und einem Medium (Roller, Bastelschere und Papier, Gitarre oder Fußball); und wie dieser Dialog, dieses Miteinander, diese Forschungsreise, wird, wissen wir vorher nicht. Und das ist genau das Reizvolle. Wird etwas Brauchbares dabei herauskommen? Muss es brauchbar sein, oder sind Versuche, Experimente erlaubt? Wird die Erfahrung angenehm, das Miteinander vergnüglich sein, oder wird es schlecht ausgehen für mich, für jemand anderes, werde ich mich ungeschickt verhalten? Werde ich ausgelacht werden, ist das andere Kind überlegen, und wir enden in ständigem Gezanke, Geschrei, und am Ende werde ich noch ausgeschimpft oder bestraft?Als Lehrerin für kreatives Schreiben mache ich es so: Wenn ich neue Schreibkurse beginne, dann geht es immer ums Spielen, um freies Spielen mit Sprache, Wörtern, Einfällen, um Vergnügen und um Ausdruck puren Einfallsreichtums. Natürlich dürfen auch wenig vergnügliche Themen zur Sprache kommen, jedoch kann das Spielen diesen Themen den Stachel nehmen. Alleine das Ausdrückendürfen ist für viele Menschen schon erleichternd, aufregend, wir fühlen uns gesehen, gehört, verbunden. Jeder Mensch ist übrigens fähig zu spielen, wenn man an den Möglichkeiten und Interessen des Einzelnen anzuknüpfen versteht. Und jeder Mensch hat einen wichtigen Platz im Gewebe des Lebens, daran glaube ich fest, und davon durfte ich mich immer wieder überzeugen. Bei Erwachsenen können die Vorerfahrungen an Schule, Elternhaus so weiter wirken, dass wir uns unter Druck setzen, manche Seiten an uns kaum annehmen, geschweige denn zeigen können. Daher meinen wir, wir müssten uns ständig kontrollieren. Kontrollieren und spielen stehen einander jedoch diametral gegenüber. Kontrolle an falschen Stellen geht zulasten von: Neugierde, Experimentierfreude, Lebenslust, Spontanität.

Vielleicht wird an dieser bescheidenen Einleitung deutlich, worin das Lernen von kreativem Schreiben vor allem besteht: in einer Gebärde des Loslassens. Der Aufgabe und der Hingabe. Sobald wir tief innerlich wissen, dass das Schreiben dem Atmen ja so ähnlich ist – das heißt ja auch, dass es uns so innewohnend und unentbehrlich ist und eigentlich von alleine geschieht –, können wir den Stift tanzen lassen auf dem Papier.

An meinem letzten Satz wird vielleicht deutlich, wozu spielen, Kreativitätstraining, ein Miteinander zwar nach Spielregeln, aber ohne Bewertungen, wo Gerechtigkeit, Fairness, Geltenlassen und wertschätzende Sprache eine große Rolle spielen, gut sind und unabdingbar. Gedeihräume brauchen wir, Gewächshäuser für Menschenwesen und … Muße. Nur, Muße hat nichts mit Fernsehen und Schlemmerfrühstück zu tun. Muße ist eine Kunst, und Muße mit Spielen zu verbinden, scheint mir das Nonplusultra zu sein. Allerdings, auch das möchte ich hier sagen, mag ich die notwendigen Arbeiten in unseren Ländern nicht den „Sklaven“ überlassen. Ich bin für eine Umverteilung: Notwendige Arbeiten werden auf alle verteilt und so, dass niemand damit ausschließlich und andauernd beschäftigt ist. Die andere Hälfte des Erwachsenenlebens dient der Kreativität (nach vernünftigen Spielregeln), der Betreuung Schutzbefohlener, der Fortbildung, der Muße und dem Spiel.
Ich vermute, unsere Kinder, Liebesbeziehungen sowie alle anderen Beziehungen würden aufblühen. Der Planet vielleicht auch wieder.

 

Bild © by Senjuti Kundu on Unsplash