Das ist vielleicht die genaueste Bezeichnung für die Art von Training, die ich seit Jahrzehnten anbiete. Das Angebot scheint, weil nichts erwartet wird, albern, paradox, nicht durchführbar oder – es zieht einen. Hat man es nicht manchmal schon erlebt, dass ein paar locker dahin geworfenen Worte einen tiefen Sinn enthüllten? Dass man in einen selbstvergessenen Flow geriet, ob beim Briefschreiben oder beim Notizen machen für eine Auftragsarbeit. Und auch einige Seiten im Tagebuch wollten wir uns merken; sie mussten noch einmal abgetippt werden, so kostbar waren uns die Einsichten.
Das Interessante ist, absichtsloses Schreiben muss geübt, kann kultiviert und schließlich auf jedes Vorhaben angewendet werden. Die Übungen, welche Lutz von Werder im Institut für Kreatives Schreiben, Berlin, vorschlägt, eignen sich bestens dazu. In meiner Sprache: Sie locken unser „inneres Kind“ hervor, dessen Natur Spielen ist, und spielend lebt, lebend spielt. Manchen von uns fällt dies leichter als anderen, doch allen ist die pure Lust am Selbstausdruck, mit der Neugier und Offenheit einer allerersten Forscherin auf der Welt, abhanden gekommen.
Beim Beschäftigen mit Schreibspielen, von denen uns einige schon aus dem frühen Griechenland bekannt sind, genesen wir von unbewussten, strengen Auflagen, von unbarmherzigen Zensoren und Richterinnen. Doch wir müssen unseren Geist auflockern und unseren Hang, gut und bedeutsam zu schreiben, überlisten. Es ist natürlich nicht falsch, „gut“ und „bedeutsam“ zu schreiben. Nur sind die uns eingepflanzten Kriterien fragwürdig, denn wir wissen oft gar nicht, wie wir schreiben, was „gute Schreibe“ überhaupt ausmacht, ob wir diese Maßstäbe anerkennen und vor allem, was genau an unserem Schreibstil anspricht und wie.
Warum genau ist es nun so wichtig, absichtslos zu schreiben? Kommt es nicht vor allem auf das Thema, den Impuls, den Arbeitstitel an? Ja, unbedingt! Dieser sollte so weit und so offen wie möglich sein. Oft ist es sogar hilfreich, erst einmal gar nicht zum Thema zu schreiben. Sondern zu dem, was in mir lebendig ist. Gefühle, Sinnesempfindungen, Körpersignale, Gedankenfetzen, das, was direkt vor mir steht, alles kann zum Leben erweckt werden, indem ich ihm meine Aufmerksamkeit schenke.
Ihre ureigenste Schreibstimme stellt sich ein, wenn Sie sich am Wenigsten darum bemühen. Sie ist sozusagen vom Ballast befreit. Ihren inneren Gesetzen gehorchend, schreibt es sich aus Ihnen heraus.